„Weil es nichts zu sehen gibt“
Zehn Meter lang und ein Meter fünfzig hoch ist die Bleistiftarbeit auf Papier von Nadja Ullmann – zu gross um in ihrem Atelier auszubreiten. Deshalb ist das zehn Meter lange Papier immer aufgerollt, nur etwa 80 cm Papier, an dem Nadja Ullmann gerade arbeitet ist sichtbar.
Sie rollt das weisse Papier am oberen Ende ihres Tisches aus, schraffiert ohne gegenständlich zu werden und rollt den gezeichneten Teil unten wieder ein. Folglich sieht Nadja Ullmann nie das ganze Bild.
Mit einem Bleistift schraffiert die Künstlerin in welche Richtung ihre Körperhaltung sie gerade weist – als wären einzelne Atemzüge visualisiert und aneinander gereiht. Jedoch zeichnet sie nie bis an den Rand des Papiers. Langsam und stetig wächst eine riesige, amorphe und doch verspielte „Graphit-Wolke“ heran.
Ullmann wählt die Reduktion in der Form, sowie im Material. Ihre Arbeitsweise nimmt Charakteristiken des abstrakten Expressionismus auf: Emotion und Spontaneität sind wichtiger als Perfektion und Reglementierung. Sie fokussiert nur auf die Schraffur und lässt ohne Absicht ihre Hand über das Papier treiben. Die filigranen Kritzeleien entstehen ohne gestalterische Geste, ohne Ziel, nur auf den Prozess orientiert.
Dieser lange und bewusste Arbeitsprozess in dem Nadja Ullmann nie das ganze Bild sieht, lässt ein sehr lebendiges und gleichzeitig sensibles Werk entstehen, in dem alles und nichts zu sehen ist.